Schutzkonzept zum ÜT 2017

Hier könnt ihr euch das Schutzkonzept zum ÜT2017 als .pdf-Datei herunterladen.
Der Arbeitskreis Tabubruch ist während des ÜT 2017 auf dem Lager präsent und bietet Programm zur Präventionsarbeit an.
Alle Mitglieder des AK Tabubruch sind ansprechbar zu Fragen sexueller Gewalt und Machtmissbrauch.
In der Aufarbeitung von Verdachtsmomenten bzw. beobachtetem Fehlverhalten gilt für uns der Grundsatz: Im Zweifel für die Betroffenen.
Die Aufarbeitung erfolgt nach dem Interventionsplan.
Alle Teilnehmer des ÜT 2017 bekennen sich zu einem respektvollen gegenseitigen Umgang. Sie sind aufmerksam und ansprechbar für die Sorgen und Nöte des anderen. Sie treten dafür ein, Fehlverhalten klar zu benennen und notwendige Konsequenzen zu ziehen. Während des gesamten Lagers gilt der Verhaltenskodex.

Definitionen

Um offen über Gefühle sprechen, aber auch Fehlverhalten klar benennen zu können, müssen die Begrifflichkeiten klar sein. Dieser Abschnitt soll kurze Definitionen zu Machtmissbrauch und sexueller Gewalt liefern sowie zur Differenzierung bei sexueller Gewalt und Verdachtsmomenten beitragen.

Macht und Machtmissbrauch

Macht ist die Möglichkeit Menschen, Dinge und Situationen zu beeinflussen und zu bewegen.
Macht kann sowohl positiv als auch negativ eingesetzt werden.
Wenn Menschen ihre Macht zum Wohl der Gruppe oder eines Einzelnen einsetzen, sprechen wir von positivem Machtgebrauch.
Wenn Menschen ihre Macht benutzen, um überwiegend ihre eigenen Bedürfnisse zu befriedigen, und sie nicht zum Wohl der Gruppe oder eines Einzelnen einsetzen, sprechen wir von Machtmissbrauch.
Jede*r von uns hat individuelle innere Grenzen, über die er/sie nicht hinausgehen möchte. Aufgabe des Machtausübenden ist es, diese Grenzen zu respektieren und zu schützen. Wo ich selbst spüre oder bei jemand Anderem sehe, dass diese Grenzen verletzt werden, nehme ich Machtmissbrauch wahr.
Natürlich sind wir ständig gefordert, unsere Grenzen zu hinterfragen und, bei Bedarf, auszudehnen. Aber dies bedeutet nicht, dass diese Grenzen gegen unseren Willen von außen verschoben werden dürfen. Manchmal ist es schwierig, die eigenen Grenzen zu erkennen, weil sie oft durch das Vertrauen und die tiefe Verbundenheit zu dem Machtausübenden unklar werden können.

Was ist sexuelle Gewalt?

Sexuelle Gewalt – man spricht auch von sexuellem Übergriff, sexuellem Missbrauch oder sexueller Nötigung – ist eine individuelle, alters- und geschlechtsunabhängige Grenzverletzung.
Sie bezeichnet jede sexuelle Handlung, die an einem/r Anderen entweder gegen dessen/deren Willen vorgenommen wird, oder der er/sie aufgrund körperlicher, seelischer oder sprachlicher Unterlegenheit nicht zustimmen kann.
Die Täter*innen nutzen ihre Macht und Autoritätsposition (Vertrauensstellung) aus, um ihre eigenen Bedürfnisse auf Kosten der Anderen zu befriedigen. Dabei geht es um Machtausübung durch sexualisierte Mittel.
Wichtig ist dabei die der/dem Betroffenen auferlegte Verpflichtung zur Geheimhaltung, die zur Sprachlosigkeit und Hilflosigkeit verurteilt.
Sexuelle Gewalt kommt in vielfältigen Formen und Abstufungen vor.

Zur Differenzierung:

sexuelle Grenzverletzung

sexueller Übergriff

sexueller Missbrauch

  • ohne Absicht
  • aus Unwissenheit
  • keine Wahrnehmung von Schamgrenzen
  • nicht erotisch intendiert
  • absichtlich
  • planvolles Handeln
  • Missachtung von Schamgrenzen
  • erotisch intendiert
  • absichtlich
  • planvolles Handeln
  • Missachtung von Schamgrenzen
  • erotisch intendiert
  • Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung

Verdachtsstufen bei sexueller Gewalt

Es gibt keine Indikatoren anhand derer sich sexuelle Gewalt sicher erkennen ließe. Umso wichtiger ist es, aufmerksam zu sein, wenn sich jemand einem anvertraut. Falls man selbst Beobachtungen macht, die ein „flaues Gefühl“ hinterlassen, so sollte man diese ernst nehmen. Zur besseren Einschätzung lassen sich vier grobe Verdachtsstufen definieren:

unbegründeter Verdacht Die Verdachtsmomente ließen sich durch überprüfbare Erklärungen zweifelsfrei als unbegründet ausschließen
vager Verdacht Es gibt Verdachtsmomente, die (auch) an sexuellen Missbrauch denken lassen, z.B. sexualisiertes Verhalten, Distanzlosigkeit zwischen Kindern und Erwachsenen, weitere Anhaltspunkte, die einen Anfangsverdacht begründen
begründeter Verdacht Die vorliegenden Verdachtsmomente sind erheblich und plausibel, z.B. ein Betroffener berichtet detailliert von sexuellen Handlungen
erwiesener Verdacht Es gibt direkte oder sehr starke indirekte Beweismittel, z.B. Täter wurde direkt bei sexuellen Handlungen beobachtet, Fotos oder Videos zeigen sexuelle Handlungen

Verhaltenskodex

  • Du hast das Recht, Deine eigene Meinung und Deine Vorschläge einzubringen.
  • Du hast das Recht, selbst zu bestimmen, wann, wo und von wem Du fotografiert oder gefilmt werden willst.
  • Du hast das Recht, fair behandelt zu werden. Niemand hat das Recht, Dir zu drohen oder Dir Angst zu machen. Egal ob mit Blicken, Worten, Bildern, Spielanleitungen oder Taten! Niemand darf Dich erpressen, Dich ausgrenzen, abwertend behandeln oder schlagen!
  • Du hast das Recht, selbst zu bestimmen, wie nahe Dir jemand wann, wie und wo kommt. Niemand darf Dich gegen Deinen Willen berühren, massieren, streicheln, küssen, Deine Geschlechtsteile berühren, oder Dich drängen, das mit jemand anderem zu tun.
  • Du hast das Recht, NEIN zu sagen und Dich zu wehren, wenn jemand Deine Gefühle oder die von jemand anderen verletzt! Du kannst NEIN sagen mit Blicken, Worten oder durch Deine Körperhaltung!
  • Du hast das Recht, nicht mit zu machen, wenn Dir ein Spiel Angst macht, Du etwas eklig findest oder Du Dich unwohl dabei fühlst. Das können Mutproben, Überfälle oder erniedrigende oder angstmachende Traditionen sein.
  • Du hast das Recht, Dir Unterstützung bei Anderen zu holen. Wenn Du Dich unwohl fühlst oder es Dir schlecht geht, ist Hilfe holen kein Petzen und kein Verrat!

Interventionsplan

Ein Mensch, bei dem ein Verdacht besteht, dass er sich sexueller Gewalt schuldig gemacht hat, befindet sich auf dem ÜT.
Interventionsrat, zusammengesetzt aus 3-6 geschulten Mitgliedern des Arbeitskreises Tabubruch und ggf. einem Lagervogt beurteilt die Erkenntnisse
Interventionsrat bespricht weiteres Vorgehen und plant ggf. ein Konfrontationsgespräch. Der Interventionsrat informiert notwendigenfalls die/den Bundesführer*in oder die verantwortliche Gruppenleitung des Menschen unter Verdacht.
wenn über Ausschluss nachgedacht wird, nimmt eine*r der Lagervögte am Interventionsrat teil.
Konfrontationsgespräch mit Menschen unter Verdacht zusammen mit zwei Menschen aus dem Interventionsrat, bei Ausschluss zuzüglich eines Lagervogts. Die Gesprächsführung übernehmen die Menschen des Interventionsrats.
bei Ausschluss wird das Hausrecht durch den Lagervogt durchgesetzt und der Mensch unter Verdacht muss das Lager begleitet verlassen. Der Interventionsrat informiert im Vorfeld die/den Bundesführer*in oder die verantwortliche Gruppenleitung des Menschen unter Verdacht.
notwendigenfalls Information der betroffenen Gruppe durch die/den Bundesführer*in / verantwortliche Gruppenleitung und Menschen aus dem Arbeitskreis Tabubruch. Gesprächsangebot an die betroffene Gruppe seitens des Arbeitskreises Tabubruch.
Betroffene*r wird bei Bedarf weiter betreut entweder durch Vertrauensperson, durch Ansprechpersonen ihres/seines Bundes, durch externe Fachperson oder im Zweifelsfall durch Menschen des AK Tabubruch.